Unterstützung der Herausgabe der deutschen Ausgabe von „The Life and Thought of Louis Lowy – Social Work through the Holocaust“ (Lorrie Greenhouse Gardella, Syracuse University Press; 2011)
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Groupworkerinnen und Groupworker, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Supervisorinnen und Supervisoren,
ich wende mich heute an Sie, um Ihnen die deutsche Ausgabe eines im Amerikanischen geschriebenen Buches anzukündigen, das von Professorin Lorrie Greenhouse Gardella mit dem Original-Titel „The Life and Thought of Louis Lowy – Social Work throughout the Holocaust“ geschrieben wurde und 2011 bei Syracuse University Press erschienen ist.
Es wird demnächst in deutscher Übersetzung mit dem Titel „Louis Lowy: Sozialarbeit durch den Holocaust (und als möglicher Untertitel) Hoffnung trotz extremer Bedingungen“ im LAMBERTUS-Verlag erscheinen (voraussichtlicher Preis 25 €).
Bei Louis Lowy handelt es sich um einen emigrierten Überlebenden des Holocaust, dessen Biografie und Lebenswerk in der Gegenwart großer humanitärer Katastrophen neue und brennende Aktualität erlangt. Das besondere an der Forschung von Lorrie Greenhouse Gardella und deren Veröffentlichung in diesem Buch liegt in der Authentizität der Quellen und der engen Beteiligung von Lowy’s Witwe Ditta Lowy – selbst Überlebende aus Auschwitz. Durch sie hatte Frau Gardella Zugriff auf umfangreiches Material, u.a. auf Tonbandaufnahmen von Louis Lowy, in denen er seine Lebenserinnerungen festhielt.
Bereits während seiner Inhaftierung in Theresienstadt hat Lowy eine Gruppe von im Lager von ihren Eltern getrennten Kindern und Jugendlichen betreut und unterrichtet, was einer seiner Freunde und Überlebender aus dieser Zeit später sinngemäß als sein Gesellenstück in Social Groupwork bezeichnet.
Nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialistischen Terrorregimes übernimmt Lowy im Auftrag der UNRRA die Leitung des Displaced-Person-Centers in Deggendorf und baut dort mit den Bewohnern eine Selbstverwaltung für bis zu 1.300 Menschen auf. Diese Erfahrung begründet seine Arbeit in der Gemeinwesenarbeit (und im Sozial-Management).
Trotz seiner traumatischen Erfahrungen mit Deutschland ließ Louis Lowy sich überzeugen, in den Jahren 1964 bis 1984 allsommerlich in Deutschland, u.a. an der Akademie für Jugendfragen in Münster Soziale Gruppenarbeit, Erwachsenenbildung und Supervision zu lehren. Damit gehört Lowy auch zu den Begründern des Instruments der Supervision in der Sozialen Arbeit in Deutschland. Nicht ohne Grund benannte sein Schüler Heinz Kersting den von ihm gestifteten Preis nach Louis Lowy.
Während dieser Jahre sind mehrere seiner wissenschaftlichen Arbeiten im LAMBERTUS-Verlag erschienen. Das nun erscheinende Buch über Louis Lowy ist in vielerlei Hinsicht hoch aktuell.
Es greift einen bislang nur wenig beachteten Aspekt der Aufarbeitung des Nationalsozialismus auf, in dem die Opfer auch zu Akteuren und Promotoren des Wegs in die Menschlichkeit und Demokratie werden.
Es gibt Zeugnis von einer der größten Flüchtlingskatastrophen als 6 Mill. Menschen in Europa heimatlos waren und zeigt, mit welcher Kraft und Kompetenz gerade diejenigen, die das fürchterlichste Leid erdulden mussten, ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen (Deggendorf).
Es verdeutlicht die wichtige Rolle der vormaligen Opfer auf dem Weg der Tätergesellschaft in Demokratie und Menschlichkeit.
Es entwickelt entlang des Lebenswerkes von Louis Lowy zentrale Prinzipien der Sozialen Arbeit, die ihre Aktualität bis heute nicht eingebüßt haben.
Es wirft implizit Fragen zur Stellung der Sozialen Arbeit in der deutschen Gesellschaft und im hiesigen Hochschulbetrieb auf. Ist Sozialarbeit eine Wissenschaft und kann auch als solche anerkannt werden(?) – wie es in den USA der Fall ist.
Es veranschaulicht, wie sich bei Lowy Inhalt und Methode seiner Lehre verbinden und die Lerngruppe zum Modell für das Lernen über Gruppen wird.
Das Buch hat in den USA im Feld des Social Work with Groups große Aufmerksamkeit erlangt. 2015 war es Anlass einer Fachtagung an der TH-Köln, die sich mit den Facetten der Sozialen Gruppenarbeit als eine der drei Methoden der Sozialen Arbeit befasste und zwar als Teil eines integrierten Praxismodels („Über-Leben in Gruppen“, 19.11.2015).
Es knüpft in gewissem Sinne an die Arbeit von Professor Joachim Wieler (Erfurt) an, der in den 90ern durch den Nazi-Terror verfolgte und vertriebene Sozialarbeiter_innen interviewt hatte. Deren Kurzbiographien sind ebenfalls im LAMBERTUS-Verlag erschienen –, einschließlich die seiner Frau Ditta (Edith neé Jedlinsky) und seines Schutzbefohlenen Vern Drehmel (Wieler/Zeller Hrsg.: Emigrierte Sozialarbeit. 1995). Herr Wieler stand mit Frau Gardella während ihrer Arbeit in engem Kontakt und so hat er auch das Vorwort zur englischen Ausgabe geschrieben.
Prof. Lorrie Gardella, Prof. Joachim Wieler und ich, ehemaliger Präsident des deutschen Chapters der IASWG (Gesellschaft für Social Groupwork e.V.) sind überzeugt, dass die deutsche Ausgabe dieser Biografie einen wichtigen Beitrag zum Sozialarbeitsdiskurs im deutschsprachigen Raum liefert, in dem multinationales und multikulturelles „Know-How“ eine zunehmende Schlüsselfunktion zukommt.
Um die Herausgabe zu sichern, bitten wir um verbindliche Vorbestellungen. Sie können auf diese Weise zur Realisierung des Projektes beitragen. Darüber hinaus hoffen wir, Sie Ende nächsten Jahres zu einem Fachtag einladen zu können, der den Beitrag Lowys zu den aktuellen Herausforderungen sozialer Arbeit würdigt.
Mit freundlichem Gruß
Klaus-Martin Ellerbrock